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Mieter muss sich nicht filmen lassen!

1.
Eine Videoüberwachung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein.

2.
Soweit die Kamera zumindest teilweise die Zuwegung zum Hauseingang erfasst, hat der Mieter einen Beseitigungsanspruch.

3.
Begründet der Vermieter ein besonderes Sicherungsbedürfnis seinerseits damit, dass Baumaterial auf seinem Grundstück gestohlen worden sei, reicht es zu dieser Gefahr aus, eine Kamera zu installieren, die allein den Lagerungsort überwacht.

4.
Ein Unterlassungsanspruch kann auch dann bestehen, wenn der Mieter eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten muss (Überwachungsdruck).

AG Detmold, Urteil vom 01.03.2018 - 7 C 429/17
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 2, 3

Problem/Sachverhalt

Der Vermieter hatte auf seinem Grundstück Überwachungskameras oder zumindest Attrappen installiert, um die Zuwegung zu überwachen. Der sehbehinderte Mieter verlangte Unterlassung und Beseitigung der Kameras. Dies lehnte der Vermieter aus Sicherheitsgründen ab, da bereits Baumaterial gestohlen wurde. Auch seien die Kameras bereits bei Einzug des Mieters vorhanden gewesen.

Entscheidung

Eine Videoüberwachung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein; dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (BGH, IMR 2010, 243). Dem besonderen Sicherungsbedürfnis des Vermieters könne damit begegnet werden, eine Kamera zu installieren, die allein den Lagerungsort der Baumaterialien überwacht. Ob es sich um eine funktionstüchtige Kamera und nicht nur um eine Attrappe handelt, ist unerheblich. Der BGH hat in der oben genannten Entscheidung ausgeführt, dass ein Unterlassungsanspruch auch dann bestehen kann, wenn Dritte eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müssen (Überwachungsdruck). Gegen den Beseitigungsanspruch spricht auch nicht der Umstand, dass die Kamera bereits bei Einzug des Mieters installiert gewesen ist. Es ist für das Gericht nachvollziehbar, dass der sehbehinderte Mieter diese bei seinem Einzug nicht gesehen hat. Aber selbst dann, wenn die Kamera für den Mieter sichtbar gewesen sein sollte, hätte es einer besonderen Aufklärung durch den Vermieter bedurft.

Praxishinweis

Im Verfahren war der Vermieter nicht bereit zu versichern, ob es sich bei der installierten Kamera lediglich um eine Attrappe oder um ein zur Bildaufzeichnung geeignetes Gerät handelt. Allein hierdurch erkannte das Gericht Überwachungsdruck auf den Mieter. Der Vermieter hätte es in der Hand gehabt, diesen durch eine aufrichtige Erklärung gegenüber dem Mieter zu beseitigen. Letztendlich sah das Gericht es gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden an, dass es sich um eine funktionstüchtige Kamera handelte. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich nämlich jede Partei über die von den Gegnern behaupteten Tatsachen zu erklären. Dies hatte der Vermieter aber ausdrücklich nicht getan. Er hatte nämlich auf die ausdrückliche Frage des Gerichts, ob es sich um eine echte Kamera oder eine Kameraattrappe handle, angegeben, dass er zu einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Mieter nicht bereit sei.

RA Ramon Danner, Aschheim

IMR 2018, 281

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