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Minderung: Schimmelneigung einer Wohnung als Mangel - Wer muss was beweisen?

1.
Hat der Mieter das Vorhandensein eines Mangels bewiesen, obliegt dem Vermieter nach der sog. "Gefahrkreistheorie" der Beweis, dass der Schimmel nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführen ist.

2.
Dem Mieter ist nur ein tägliches zweimaliges Stoßlüften von jeweils fünf bis 10 Minuten zuzumuten.

3.
Möbel dürfen grundsätzlich auch an Außenwänden aufgestellt werden.

4.
Bereits die abstrakte Gefahr einer Schimmelbildung bei ordnungsgemäßer Beheizung und Belüftung stellt einen Mangel dar.

LG Lübeck, Urteil vom 17.11.2017 - 14 S 107/17 (nicht rechtskräftig)
BGB § 536

Problem/Sachverhalt

Auch wenn Schimmelschäden in der Wohnung heute nicht mehr so häufig vorkommen, wie noch vor 15 Jahren, so spielen sie in der gerichtlichen Praxis immer noch eine signifikante Rolle. Bei diesen Klagen ist der Mangel in der Regel unstreitig und es geht um die Frage, ob der Mieter diesen zu vertreten hat (nutzungsbedingtes Fehlverhalten). Vorliegend begehrt der klagende Mieter die Feststellung der Mietminderung und der Berechtigung zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechts wegen Schimmelbildung und vor allem "Schimmelneigung" der Wohnung sowie Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung von 12.000 Euro.

Entscheidung

Die Klage hat im Wesentlichen Erfolg. Die Kammer hat hier das Vorliegen eines Mangels bejaht. Die Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzerscheinungen stellen unabhängig von deren Verursachung einen Mietmangel dar, da hierdurch die Eignung zum vertraglich vorgesehenen und geschuldeten Gebrauch beeinträchtigt wird bzw. wurde. Der Umstand, dass die Wohnung den zur Zeit ihrer Errichtung geltenden DIN-Vorschriften entsprach und dass bei der Erstellung die Regeln der Baukunst eingehalten worden sind, steht der Annahme eines Mangels nicht entgegen. Das Minderungsrecht ist auch nicht gem. § 242 BGB wegen einer schuldhaften Verursachung durch den Mieter, namentlich durch falsches Heiz- und Lüftungsverhalten, ausgeschlossen. Die klimatische Beschaffenheit der Mieträume muss so gestaltet sein, dass sie mit normalen Mitteln auf einem üblichen Niveau von ca. 55% relativer Luftfeuchte gehalten werden können, ohne dass sich Schimmel bildet. Dazu muss zwei Mal tägliches Stoßlüften von ca. 10 Minuten bei einer Innentemperatur von durchschnittlich 20

Praxishinweis

Das fast lehrbuchartig abgefasste Urteil geht ausführlich auf alle tatsächlichen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Schimmel in der Wohnung ein.

RiAG Prof. Dr. Ulf Börstinghaus, Gelsenkirchen Autorenprofil
IMR 2018, 95

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