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Schimmel ist stets Mietmangel!

Auch wenn Schimmel teilweise durch ein fehlerhaftes Nutzungsverhalten des Mieters mitverursacht wurde und nur teilweise aus der Sphäre des Vermieters stammt, liegt ein zur Geltendmachung der Mängelrechte berechtigender Mangel vor.

LG Lübeck, Urteil vom 07.05.2018 - 14 S 260/15
BGB §§ 242, 254 Abs. 1, § 536 Abs. 1 Satz 2

Problem/Sachverhalt

Nachdem der Prozessbevollmächtigte der klagenden Mieter die Vermieterin, mit der die Mieter durch einen Wohnraummietvertrag verbunden sind, vergeblich zur Beseitigung diverser Mängel (namentlich: Schimmelpilzbefall) aufgefordert hatte, wurde zunächst ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt, das insbesondere der Klärung der Frage des Vorhandenseins der von den Mietern behaupteten Mängel dienen sollte. Im erstinstanzlichen Verfahren machten die Mieter sodann u. a. geltend, dass sie, da die Vermieterin die geltend gemachten Mängel trotz Aufforderung nicht beseitigt habe, berechtigt seien, dieses selbst zu tun und aus diesem Anlass einen angemessenen Kostenvorschuss von der Vermieterin zu fordern. Demgegenüber hatte die Vermieterin eingewandt, dass die behaupteten Wärmebrücken keinen Mangel darstellen würden, wenn sie dem Stand der Technik im Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung entsprächen, was im zu entscheidenden Fall der Fall sei.

Entscheidung

Nachdem das Amtsgericht dem klägerischen Antrag nahezu vollständig entsprochen hat, hat das Landgericht die Berufung der Vermieterin weitgehend zurückgewiesen und den Mietern erneut einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung aus § 536a Abs. 1 Nr. 1, § 242 BGB zugesprochen. Zur Begründung führt das Gericht zunächst aus, dass die unstreitigen Schimmelpilzerscheinungen einen Mietmangel i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB darstellten. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass für die Ermittlung des vertragsgemäßen Standards, soweit die Bauweise zu bewerten sei, grundsätzlich der Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblich sei. Indes dürfe der Mieter nach der Verkehrsanschauung aber auch ohne besondere Absprache einen Mindeststandard erwarten, der den heutigen Maßstäben gerecht werde. Nach diesen Maßstäben stellten Schimmelpilzerscheinungen einen Mangel dar, da hierdurch die Eignung zum vertraglich vorgesehenen und geschuldeten Gebrauch beeinträchtigt werde. Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des LG Lübeck auch dann nicht, wenn der Schimmel nur teilweise oder überwiegend durch ein fehlerhaftes Nutzungsverhalten des Mieters mitverursacht werde und nur teilweise aus der Sphäre des Vermieters stamme, da es für die Mangelhaftigkeit und die damit verbundene Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit (noch) keine Rolle spiele, ob der Mieter den Mangel möglicherweise mitverursacht habe. Im Übrigen liege ein die Gewährleistungsrechte auslösender Mangel bereits darin begründet, dass die Wohnung nicht vollständig nach einem breiten Spektrum an Lebensgewohnheiten genutzt werden könne, weil an die Außenwand gefahrlos keine Möbel gestellt werden könnten. Insofern überschreite das Abrücken der Möbel von den Außenwänden die Grenze der Zumutbarkeit. Da zudem unbestritten blieb, dass die Mieter die Vermieterin wirksam in Verzug gesetzt haben, steht diesen ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Kosten der aus ex-ante-Sicht voraussichtlich entstehenden und erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten zu.

Praxishinweis

In seiner Entscheidung betont das LG Lübeck noch einmal, dass der Umstand, dass die Verantwortlichkeit für das Vorhandensein eines Mangels auch dem Mieter anzulasten ist, für sich genommen der Annahme eines Mangels i.S.d. § 536 BGB noch nicht entgegensteht. Die Mitverantwortlichkeit soll nach Ansicht des Gerichts vielmehr allenfalls im Rahmen der Bemessung der Minderungsquote nach dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen sein, was angesichts der gesetzlichen Systematik nur konsequent ist.

RA Konrad H.J. Discher, Berlin
IMR 2018, 411

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