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Störender Zigarettenrauch ist ein Mangel!

1.
Das Rauchen in der selbstgenutzten Wohnung gehört ‑ ohne entgegenstehende anderslautende Vereinbarung ‑ zum Mietgebrauch.

2.
Aus dem mietvertraglichen Gebot der Rücksichtnahme ergibt sich jedoch, dass ein Mieter, der in seiner Wohnung raucht, gehalten ist, einfache und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Mitmieter zu ergreifen.

3.
Können die Mieter nachts nicht mit geöffnetem Fenster schlafen, weil sonst aus der darunter liegenden Wohnung Zigarettenrauch in das Schlafzimmer dringen würde, liegt ein Mangel vor, der zu einer Mietminderung i.H.v. 3% berechtigt.

LG Berlin, Urteil vom 10.08.2017 - 65 S 362/16
BGB § 241 Abs. 2, § 535 Abs. 1 Satz 2

Problem/Sachverhalt

Die klagenden Mieter fühlten sich als Mietpartei einer in einem Mehrfamilienhaus belegenen Wohnung durch den nachts in ihr Schlafzimmer eindringenden Zigarettenrauch aus der darunter im Erdgeschoss liegenden Wohnung stark beeinträchtigt. Die beklagte Nachbarin rauchte nachts aus ihrem weit geöffneten Schlafzimmerfenster. Die Mieter, die nachts bei geöffnetem Fenster schlafen, fühlten sich in ihrer Nachtruhe durch den eindringenden Nikotingeruch stark beeinträchtigt. Das Schlafzimmerfenster der Raucherin ist unterhalb des Schlafzimmerfensters der Mieter belegen. Die Mieter verlangten die Beseitigung des eindringenden Rauchs und begehrten die Feststellung, dass sie zur Minderung berechtigt seien.

Entscheidung

Das Landgericht verurteilt die rauchende Nachbarin, den Mangel des nachts aus ihrer Wohnung über die geöffneten Fenster in das Schlafzimmer der Mieter eindringenden Zigarettenrauch zu beseitigen. Die Minderungsquote für den eindringenden Zigarettenrauch wird i.H.v. 3% ausgeurteilt. Den Anspruch auf Beseitigung der Gebrauchsstörung der Wohnung durch das Eindringen von Zigarettenrauch leitet das Gericht aus dem mietvertraglichen Gebot der Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB her. Zwar gehört das Rauchen in der selbstgenutzten Wohnung mangels entgegenstehender Vereinbarungen zum Mietgebrauch (vgl. BGH Urteil vom 18.02.2015 - VIII ZR 186/14, IMR 2015, 179), jedoch ergeben sich aus dem gleichermaßen geltenden Gebot der Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB Einschränkungen. Soweit es den Mietern ohne Weiteres möglich ist, einfache und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen zu ergreifen, sind sie hierzu verpflichtet. Im vorliegenden Fall ist die Nachbarin dazu gehalten, während der Nachtzeit nicht aus dem Fenster, das direkt unterhalb des Schlafzimmers der klagenden Mieter liegt, zu rauchen. Die Nachbarin hat vielmehr an denjenigen Orten der Wohnung zu rauchen, die sie sowieso hierzu nutzt.

Praxishinweis

Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass das Rauchen in bestimmten Fällen zudem die Möglichkeit einer Kündigung unter dem Gesichtspunkt der Störung des Hausfriedens rechtfertige. Dies sei dann der Fall, wenn die Intensität der Beeinträchtigung durch das Rauchen ein unerträgliches und/oder ein gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreiche. Zu berücksichtigen ist, dass es sich diesbezüglich um jeweilige Einzelfallentscheidungen handelt. Der vorliegenden Entscheidung liegt eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme zu Grunde. Bei der Bewertung der Erfolgsaussichten einer Kündigung aufgrund Zigarettenrauchs bzw. einer Minderung wegen übermäßigen Rauchens von Mitmietern ist ein besonderes Augenmerk auf die Erarbeitung eines fundierten Beweisantritts zu verwenden, um nicht zu unterliegen.

RAin und FAin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Dr. Melanie Ramm, Hamburg
IMR 2018, 94

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