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Verwirkung von Kindesunterhalt

Ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung nach § 207 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verwirkt sein, muss es aber nicht: das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnen Geltendmachung kann das Umstandsmoment der Verwirkung nicht begründen.

Im entschiedenen Fall wurde der Unterhaltsschuldner mit Schreiben vom 14. Juli 2011 aufgefordert Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu erteilen und einen angemessenen Unterhaltsbetrag zu bezahlen. Er errechnete im Oktober 2011 selbst, dass er 129,00 € Unterhalt aufzubringen habe. Diesen Betrag bezahlte er dann allerdings nicht. Vielmehr forderte er den Unterhaltsberechtigten auf zu bestätigen, dass der errechnete Betrag richtig sei. Der Unterhaltsberechtigte reagierte nicht auf diese Aufforderung. Erst im August 2013 verlangte der Unterhaltsberechtigte vom Unterhaltsschuldner 205,00 € und zwar rückwirkend ab Juli 2011. Der Unterhaltsschuldner wies diese Forderung zurück. Der BGH wies die Auffassung des OLG, der Unterhaltsanspruch sei verwirkt, mit folgender Begründung zurück:

Da ein Unterhaltsberechtigter zeitnah auf den Unterhalt angewiesen sei, könne der Unterhaltsschuldner auch zeitnah mit der Durchsetzung der Ansprüche rechnen. Setzt der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltsschuldner also nur in Verzug, beziffert aber nicht in angemessener Zeit, also spätestens binnen eines Jahres, spricht dies für eine Verwirkung (Zeitmoment).

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zum reinen Zeitablauf aber besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen.

§ 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB stehe der Annahme einer Verwirkung grundsätzlich nicht entgegen. Aus der Neufassung der Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung des Erb‑ und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 folge nicht, dass generell keine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen während des Hemmungszeitraums, also bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes, in Betracht komme. Zu beachten ist allerdings stets, dass der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen durch sein Verhalten Anlass gegeben haben muss, auf die künftige Nichtgeltendmachung von Unterhaltsansprüchen zu vertrauen, wofür jedenfalls ein bloßes Unterlassen nicht ausreicht.

Anders, als das OLG, hat der BGH hier angenommen, dass das pure Nichtreagieren des Unterhaltsberechtigten nicht geeignet sei, ein berechtigtes Vertrauen zu begründen, das hier keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden würden. Zu der Annahme, der Unterhaltsberechtigte habe nach der Auskunftserteilung etwa seinen Rechtsstandpunkt aufgegeben und sei selbst davon ausgegangen, ein Unterhaltsanspruch bestehe nicht, bestand für den Unterhaltsschuldner keine Veranlassung. Da das Einkommen des Unterhaltsschuldners schon nach der Auskunft oberhalb des angemessenen Selbstbehalts lag und er selbst einen Zahlbetrag in Höhe von 129,00 € errechnet hatte, ist er selbst davon ausgegangen, dass Unterhalt zu bezahlen sei. Damit kommt eine Verwirkung nicht in Betracht.

BGH, 31.01.2018, AZ: XII ZB 133/17

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