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Drohender Wohnungsbrand durch alkoholisierten Mieter:
Ordentliche Kündigung wirksam

1.
Beschwört ein Mieter erstmalig nachts die Gefahr eines Wohnungsbrands herauf, weil er in alkoholisiertem Zustand die Herdplatten anschaltet und dann einen Teller mit Essen darauf abstellt, sind die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht erfüllt.

2.
Dieses Verhalten kann aber eine ordentliche Kündigung rechtfertigen.

3.
Eine hilfsweise ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs bleibt auch dann wirksam, wenn hinsichtlich der fristlosen Kündigung wegen Nachzahlung der Miete eine Heilung des Mietverhältnisses eingetreten ist.

4.
Das für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung notwendige Verschulden des Mieters wird vermutet. Bestreitet der Mieter ein Verschulden, muss er sich exkulpieren.

5.
Widerspruchsgründe, die erst nach dem in § 574b Abs. 2 Satz 2 BGB genannten Zeitpunkt entstehen, sind unbeachtlich.

LG Itzehoe, Urteil vom 21.12.2018 - 9 S 15/18
BGB §§ 242, 280 Abs. 1 Satz 2, §§ 543, 546, 569, 574

Problem/Sachverhalt

Wegen eines Alarms des Rauchwarnmelders schauen andere Hausbewohner nach dem Rechten und finden den Wohnungsmieter in alkoholisiertem Zustand. Drei Herdplatten sowie den Backofen hat er auf höchste Stufe eingestellt, ein Teller mit Essen steht zerbrochen auf dem Herd, weshalb ein Feuerwehreisatz notwendig wird. Es ist das erste Mal, dass der Mieter derart verhaltensauffällig ist, allerdings besteht auch ein Rückstand von drei Monatsmieten. Der Vermieter kündigt wegen des drohenden Wohnungsbrands und des Zahlungsrückstands das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Innerhalb der Schonfrist begleicht der Mieter seine Schulden. Er trägt vor, im alkoholisierten Zustand eingeschlafen zu sein. Zum Mietrückstand sei es gekommen, weil das Jobcenter den Hartz-IV-Regelbedarf nebst Miete nicht vollständig überwiesen habe und die Bank die eingerichteten Daueraufträge daraufhin nicht ausführte. Nach Ablauf der Frist des § 574b Abs. 2 Satz 2 BGB legte der Mieter Widerspruch gegen die Kündigung ein, da nach der ersten mündlichen Verhandlung eine paranoide Schizophrenie sowie eine schwere Depression mit psychotischen Symptomen bei ihm aufgetreten seien. Der Vermieter hält an der Kündigung fest.

Entscheidung

Mit Erfolg! Zwar hält das Gericht die fristlose Kündigung nicht für wirksam. Durch die Begleichung der Mietschulden ist insoweit Heilung eingetreten, verhaltensbedinge fristlose Kündigungen bedürfen der vorherigen Abmahnung. Die hilfsweise ordentliche Kündigung greift dagegen durch. Der Zahlungsrückstand stellt auch einen ordentlichen Kündigungsgrund dar, eine Heilung durch Nachzahlung ist bei einer ordentlichen Kündigung nicht möglich. Auch der drohende Brand stellt eine schwer wiegende Vertragsverletzung dar. Das Verschulden der Vertragsverletzungen wird vermutet, eine Exkulpation gelingt dem Mieter nicht. Die Rechtzeitigkeit der Mietzahlungen ist vom Mieter zu überwachen. Eine Schuldunfähigkeit aufgrund des Alkoholkonsums behauptet selbst der Mieter nicht. Widerspruchsgründe sind selbst dann verspätet, wenn sie erst nach dem in § 574b Abs. 2 Satz 2 BGB genannten Zeitpunkt entstehen.

Praxishinweis

Das nachvollziehbare Urteil arbeitet sehr detailliert die verschiedenen Voraussetzungen für fristlose und ordentliche Kündigungen auf.

RA und FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Andreas Reng, München
IMR 2019, 231

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